Berichte
 

Sa volta del sol III

 


Herbstliche Sonnentour von Ballermann bis Cala Rajada
Mit dem Seekajak an Süd- und Ostküste Mallorcas

 

Paddel-Monopoly

Die Morgendämmerung ist unglaublich orange, wird dann fahlgelb und kurz vor Acht blitzt der erste Sonnenstrahl aus dem Meer direkt in mein Zelt hinein. Ein unvergesslicher Augenblick.
Heute wollen wir mal nicht hektisch nach einem Übernachtungsplatz suchen müssen und machen deshalb eine ausführliche Planung: Plan A, Plan B, Plan C. Aber es ist ein wenig wie beim Monopoly: Wie weit müssen wir kommen, damit wir im nächsten Sprung die vollgebaute lange Bucht überspringen können?  Vor lauter Planung kommen wir erst um 11.30 Uhr los, schauen uns die gestern verpasste Cala Barques an und fahren mehrfach durch die naheliegende Höhle. Die Sonne scheint erneut von einem wolkenlosen Himmel, aber ein leichter Wind macht die annähernd 30 Grad erträglich. Die kalkhaltigen Sandsteinfelsen ragen senkrecht oder überhängend bis zu 100 Meter in die Höhe. Immer wieder liegen abgebrochene Brocken im Wasser und präsentieren scharfkantige Schnittstellen. Wind und Wasser haben über Jahrhunderte am Gestein genagt und seltsame Bilder geformt. Man erahnt Drachenköpfe und wilde Grimassen. Freeclimber versuchen, aus dem Wasser heraus die Wände zu bezwingen, scheitern und fallen ins warme Meer.
Um 14 Uhr fahren wir in den Hafen von Porto Christo ein. Trotz der Glasboden-Ausflugschiffe und der berühmten Höhlen ist es relativ ruhig hier. Die Stadt wirkt organisch gewachsen, lediglich der Yachtclub wirkt künstlich aufgepfropft.

Plan C. Wie Comfort.
Auf den nächsten 20 km sind keine Lagerplätze zu erwarten, also zücken wir Plan C. C wie Comfort. Und fragen im nahe gelegenen Hotel Felip nach Zimmern. Wir werden freundlich aufgenommen und dürfen unsere Boote im Fahrradkeller verschließen. Der Transport bergauf ist zwar etwas mühsam, aber die Aussicht, sich selbst und einige Klamotten von dicken Salzschichten zu befreien, beflügelt ungemein. Vor dem Abendbuffet füllen wir bei einem Bummel durch die kleine Stadt unsere Trinkvorräte auf und dann stehen wieder Planungen an.

Mit dem Bootswagen rollen die Kajaks fast von selbst zum Strand. Unter blauem Himmel und schwachem Wind geht es weiter nordwärts. Unter diesen Bedingungen können wir die gesamte Bucht vor Cala Millor in zwei Kilometer Entfernung zu den zahlreichen Hotelkomplexen queren. Nur ab und zu weht laute Musik herüber oder lärmt ein Motorboot vorbei. Nach knapp vier Stunden landen wir vor Canyamel in der kleinen Kiesbucht Cala Roja an. Baden und Faulenzen ist angesagt und die Erkundung der schönen Umgebung: Hier wurde früher Zuckerrohr angebaut, was dem Ort den Namen gab und den Menschen hier einigen Reichtum bescherte. Gegenüber leuchten die roten Sandsteinfelsen des Kap Vermell majestätisch im Abendlicht, während bei uns die Sonne verschwindet. Gleichzeitig erhebt sich im Gourmettempel über unserem Strand der Lärm einer deutlich angeheiterten Gesellschaft. Doch 100 Meter weiter finden wir ein nettes ruhiges Plätzchen für zwei Zelte. Hier sind die Felsen erstmals flacher und glattpoliert, so dass wir unser Risotto mit Salamischeiben mit Blick auf die Lichter des Urlaubsortes verspeisen können.   

Erstens kommt es anders …
Heutiges Minimalziel ist die 23 km entfernte Bucht Platja de sa Font Salada. Sie ist nur über einen Wanderweg zugänglich und soll sehr schön mit kleinem Sandstrand sein. Und wenn wir das bis 16 Uhr schaffen, dann kann ich heute abend noch zum 432 Meter hohen Talaia de Moreia wandern und einen ersten Blick auf die Bucht von Alcudia werfen. Besser wäre natürlich, wir würden auch noch das Nordostkap Cap de Ferrutx umrunden, denn der Seewetterbericht auf dem Handy meldet für heute Wind mit 2 – 3 Beaufort aus NNO, Wellen bei 1.10 bis 1.30 Meter, morgen aber auffrischend aus N mit 4 – 5 Beaufort und Wellen bis 1.70 Meter. Schaun wir mal.                     
Unterwegs wollen wir in Cala Rajada kurz einkaufen gehen, da wir an der Steilküste der Levante  keine Einkaufsmöglichkeit mehr erwarten. Zunächst läuft alles nach Plan. Der Himmel ist wolkenlos und der Gegenwind aus NNO nur schwach. Das Wasser wird langsam zwar etwas kabbeliger, aber das kennen wir ja schon. Gegen Mittag entdecken wir am Strand von Cala Moll das Schild eines Supermarktes und landen am gutbesetzten Strand vorsichtig an. So sparen wir uns die Suche im Hafen der größeren Stadt und kommen nach einem kurzen Bad gleich weiter.

 

Frank Raumel