Berichte
 

Aller Anfang ist....lustig ---------------- Familiencamp am Plansee

 

Die Tour ist lange geplant – genau gesagt seit dem 29. Januar, als ich beim Filmabend der Biberacher TG-Kanuten die Bilder von finnischen Seen, Wildwasserbächen und vom Plansee in Österreich zu sehen bekam. Es sah spannend aus und paddeln wollte ich schon immer mal. Also rufe ich kurz vor Ostern bei Frank Raumel an, dem Verantwortlichen für diese Aktion und melde mich, den nicht ganz so interessierten Ehemann und die auf neuartige Aktivitäten meist auch recht unlustig reagierenden drei Kinder (11, 14, 15 J.) an. Was sein muss, muss sein.
Am Freitag suchen wir im Bootshaus der Kanu-Abteilung die passenden Kajaks für uns aus. Den großen Canadier, in den vier Personen reinpassen würden, können wir leider nicht transportieren – wir haben keine Dachreling und nur einen Minihänger. Also vier kleinere Boote – drei Einer und ein Zweier. Auch in Ordnung, die Teamfähigkeit von Pubertierenden, besonders im Zusammenhang mit Eltern ist ohnehin wenig ausgeprägt.
Samstag früh ist Abfahrt um 8 Uhr – oh Wunder, wir sind fast pünktlich – und unser Qubo stellt sich als Raumgenie heraus – seine erste Gelegenheit eine solche Herausforderung zu bewältigen. Uns Fünf und eine komplette Campingausrüstung schluckt er anstandslos. Unsere Boote sind schon am Freitagabend von Frank und Christian bzw. Birgit, Tochter Anita (7 J.) und Opa Herbert an den Plansee gezogen worden. Das ist im Übrigen das Team für das Wochenende, Christians Frau Dieta ist auch dabei.
Angekommen, werden die Boote verteilt: Henri (14) bekommt den "Tsunami", ein Boot das seinem Namen Ehre macht, Eva (15) ein etwas kippliges, dafür schnelles Prion-Kajak, Lena und ihr Papa sitzen im Zweier und ich krieg ein dickes, stabiles, etwas träges gelbes Boot ab, man kann sagen, jeder wie er es verdient. Rein in die Schwimmwesten, raus auf den See. Anfangs ist das Gefühl im Bauch noch ein leicht mulmiges, das legt sich allerdings schnell. Die Wellen, die nervös gegen den Bootsrand schlagen, beruhigen sich genau wie wir uns und wir gleiten still auf der Wasseroberfläche dahin. Dass wir uns nicht völlig entrückt und verzückt von der wahren Welt verabschieden, dafür sorgen Horden von Motorradfahrern, für die das kurvenreiche Sträßchen direkt am See wohl eine Traumstrecke sein muss. Trotz des zeitweiligen Motorlärms fühlt man sich beim Paddeln in seiner eigenen Welt und ich glaube, sogar Ralf kann den Arbeitsstress, den er mit ins Boot genommen hat, nach einer Weile über Bord kippen.
Blasen an beiden Daumen gehören anscheinend dazu, aber Birgit, die erfahrener und vorausblickender ist als wir Gringos (immerhin ist sie die 1.Vorsitzende der Einzelpaddler im Land), rettet mich mit Pflaster und Seglerhandschuhen, die sie wohl immer und für alle Fälle dabei hat. Pausen machen wir reichlich, sodass sich keiner wirklich überfordert fühlt, allerdings ist nach der zweiten Rast der Vespervorrat aufgebraucht und man weiß ja, was solches in der Laune von Kindern hervorrufen kann. Wieder Rettung diesmal von Christians Seite, ein Päckchen Studentenfutter sorgt dafür, dass Lenas Laune nicht kippt, ihre Nerven sind durch das Paddeln im Zweier mit ihrem Papa ,der viele gutgemeinte Paddelratschläge auf Lager hat, strapaziert. An der Umkehrstelle am Ende des Sees, an der wir nach drei Stunden anlegen, Kaffee, Kuchen, Eis verdrücken, ist Henri dann so gnädig, ihr den "Tsunami" zu übergeben, und ich paddle mit ihm im Zweier weiter. Was kann doch ein cooles, schnelles Boot aus einem angenervten Kind machen.
Mit einem Schlag ist Lena die Schnellste von uns, es kostet sie kaum Kraft das Kajak voranzubringen und paddel-schlagartig hat sie blendende Laune. Von mir, die ich mit Henri im Zweier sitze, und der als Steuermann noch mit der ziemlich trägen Bootsbewegung zu kämpfen hat, reden wir mal nicht. Auf dem Rückweg wird gepaddelt und nicht gejammert, Pause gibts nur noch als uns ein Regenguss erwischt, den wir mit Glück unter den Fußbodenplanken eines nahen Bootshauses ziemlich trocken überstehen. Henri meint allerdings, er könne das Abregnen der dicken Wolke nicht abwarten und paddelt mit dem Prion-Kajak, das er diesmal mit Eva getauscht hat – und Lena als Eskorte - davon. Dafür kassiert er später von Frank einen berechtigten Verweis, der ja verantwortlich ist für die Gruppe und die kann er auch nicht mehr übernehmen, wenn einer einfach drauflospaddelt. Der See ist noch ziemlich kalt um die Jahreszeit und wenn das Boot kentert und keine Hilfe in der Nähe ist, geht man in der Kälte relativ schnell an Auskühlung ein. Na ja, das war halt mal wieder eine typische Henri-Aktion, nicht wirklich dramatisch, aber wenn man in weiträumigeren, einsameren Gegenden sich nicht an solche Vorgaben hält, kann das schon mal schlecht ausgehen. Jedenfalls würde Herbert, der ein klassisches Bild vom kanadischen Trapper abgibt und im Herzen wohl auch einer ist, einschließlich seines Bootes "Caribou" zwar Eva und Lena auf eine größere Tour mitnehmen, von Henri hat er nicht geredet. So schnell hat man seinen Ruf weg.
Nach der Paddelei ist Zeltaufbauen dran. Das ist ein echter Wermutstropfen für mich an der Sache. Zelten konnte ich noch nie leiden, noch nicht mal als Kind, ich kriege Zustände unter stickigen, nach Plastik stinkenden Zeltplanen unter denen man dann liegt und friert und darauf wartet, dass all die Schnarcher im und um das Zelt endlich Ruhe geben. Morgens beim Aufstehen, wenn die Zelthaut feucht ist und das Gras schmierig von der Nacht, fällt der Blick als Erstes auf den Berg gegenüber und man beginnt sich langsam wieder mit dem Ort zu versöhnen. Die Asche im Kohlegrill, um den wir gestern noch herumsaßen, ist zusammengesackt und kalt. Der Pappbecher Kaffee aus dem Kiosk um die Ecke bringt den Kreislauf wieder in die Gänge. Beim einen schneller, beim anderen langsamer, bei mir eher langsamer. Trotzdem, will sagen, trotz der Camperei, ein Wochenende wie ich es mir vorgestellt habe, nur anders und besser. Und die anderen Familienmitglieder, die quasi zu diesem Scoutabenteuer verurteilt worden sind, meinen, man könnte sowas gern und lieber früher als später mal wiederholen.

Barbara Helène

Foto: Birgit Kellner-Schick