Berichte
 

Die jungen Wilden am Vorderrhein

 
Jugend- und Einsteigerwildwassertour 2004

Das "schwarze Loch" droht. Irgendwie unheimlich klingt schon der Name und erst recht gruselig klingen die Erzählungen der Experten. Von Unterspülungen ist da die Rede; mindestens einen Paddler jährlich soll es verschlungen haben. Ob es wohl sein Opfer schon hatte, dieses Jahr? Zunehmend ruhiger wird es auf den hinteren Sitzen der Fahrzeuge, je näher wir der Flimser Schlucht des Vorderrheins im schweizerischen Graubünden kommen. Hinten sitzen die hoffnungsvollen Nachwuchspaddler der Kanuabteilung. Sechs Jungs (wo sind eigendlich die Mädchen?) wagen sich erstmals auf ein richtiges Wildwasser. Dazu kommen vier nicht mehr ganz so junge Wildwasserneulinge - und die sind inzwischen mindestens genauso wortkarg..

Auf 20 Kilometer hat sich der Vorderrhein in eine grandiose Kalkfelsschlucht abseits der Straße eingegraben. Lediglich die rhätische Eisenbahn begleitet den noch ungestümen Wildfluß bis zur Vereinigung mit dem vom San Bernhardino kommenden Hinterrhein (ab hier heißt er dann Alpenrhein). Tief unten am Grund der Schlucht verlieren sich an diesen Bahngleisen ein paar Gebäude, die als Vorlage einer Märklin-Bahnstation gediehnt haben könnten. Der Bahnhof Versam ist eine der wenigen, mit dem Auto zugänglichen Stellen der Flimser Schlucht und hier starten wir die erste Tagesetappe.

Mit Erstaunen nehmen die Neuen zur Kenntnis, daß ein wuchtiger Wildfluß eine exakte Technik erfordert. Ein falsches Ankanten des Boots, das auf der heimischen Rißwelle gar nicht ins Gewicht fiel, verlangt umgehend nach einer hektischen Paddelstütze. Eine Seil


fähre zum anderen Ufer wird zum mittleren Abenteuer, der Versuch des Einfädelns hinter dem kleinen Stein in der Hauptströmung wird rasch wieder abgebrochen. Aber schon nach weingen Minuten der Eingewöhnung schießt der wilde Haufen - überraschend diszipliniert - angeführt von Jugendtrainer Peter G. durch die ersten Wellen und Stufen. Mit deutlich mehr Vorsicht und verkniffenen Gesichtern folgen die älteren Wilden. Kurz danach passiert es bereits: Eine kleine Unachtsamkeit, ein fieser Kenterstein, ein lautes Platschen - und schon schwimmt ein führungsloses Boot in der Strömung. 1:0 für uns, feixen die Jungen. Und während die Experten noch mit der Bergung von Paddler und Boot beschäftigt sind, legt schon der nächste Paddler eine Schwimmeinlage ein. 2:0.

Es wird eine vernichtende Niederlage für Peter, Sascha, Manfred und Oliver. War es ein 5:1, 6:1 oder gar ein 7:1? Die Meinungen über den Endstand gehen abends am Lagerfeuer weit auseinander. Der Abstand wird immer größer, die gemeisterten Wellen immer höher und die Augenlider immer schwerer - zumindest bei den Älteren. Schon wieder ein Sieg für die jungen Wilden ...

Text: Compter
Foto Vorderrhein 3: Mai-Compter